Heutzutage sind wir es gewohnt, vorwiegend digitale Print-Produkte anzuschauen und haben vergessen bzw. wissen erst gar nicht, welche Überzeugungskraft von einem originalgrafischen Druckerzeugnis ausgehen kann. Dadurch, dass der Charakter, das Profil einer Idee im Originaldruck in ungeschliffener und authentischer Weise erhalten bleibt, ist er für die Ausbildung in künstlerischen Berufen immer wieder von wesentlichem Interesse. Die Druckgrafik stellt einen eigenständigen, wichtigen Teil der Bildfindung dar und befasst sich mit der Reproduzierbarkeit von Originalen. Wegen seiner technischen Einfachheit im Sinne der Produktion, aber auch wegen seiner Direktheit im künstlerischen Ausdruck, stellt der künstlerische Hochdruck seit jeher ein populäres Medium dar, das sich in seiner reduzierten Form sehr gut für die Vermittlung von Bildanalyse eignet. Zudem ist gerade das Bearbeiten des Druckstocks für angehende Architekten von besonderer Relevanz. Bildinhalte und Darstellungen aus unterschiedlichsten Quellen können auf den Druckstock transferiert und in individueller Weise bearbeitet werden. Man arbeitet vom Dunklen ins Helle, schneidet Freiräume (weiß) weg und lässt Erhabenes (schwarz) stehen. Es entsteht ein Relief, das genau den Fragestellungen von künstlerischer und architektonischer Übersetzung entspricht und damit und auch ihre praktischen Gemeinsamkeiten verdeutlicht. Architekten können Grundrisse und Schwarzpläne in Linol schneiden und damit eine tatsächlich geschnittene Stadt-Partitur anfertigen, die eine völlig andere Oberflächenerscheinung hat, als ein mit dem Computer gezeichneter Ausdruck. Das Besondere im Umgang mit dieser Drucktechnik liegt auch in der Tatsache begründet, dass man für die Übersetzung der Grauwerte einer Abbildung eine Möglichkeit finden muss. Die Darstellung verschiedener Strukturen, Schraffuren, Muster und wie diese mittels der Technik jeweils nebeneinander wirken ist für Architekten von inhaltlichem, optischem und haptischem Wert, weil die Bearbeitung des Druckstocks beginnt, die Oberflächen und Materialität von Architektur zu denken.
Analoge Hochdruck-Technik findet im bildnerischen Gestalten vielseitige Anwendung. Man kann Grafiken in verschiedenen Größen und Auflagenhöhen herstellen, aus denen wiederum exklusive Publikationen und Editionen entstehen können. Sie können jedoch auch als Einzelbilder oder Serien gezeigt werden und sind hier im Gesamtzusammenhang mit Lehre, Galerie und Druckwerkstatt zu sehen. Grafische Techniken sind als etwas Dynamisches aufzufassen, als etwas mit Substanz und beständiger Qualität. Der Linolschnitt kann sowohl ab dem ersten Semester Teil des Entwurfs als auch in späteren Semestern Ausdruck eines Forschungsmoduls sein.